Finja Trixie und der Kobesstein

In Tannenheim soll gebaut werden. So hat es die Stadtverwaltung beschlossen. Im Juli 2018 veranlasste das Rathaus pflichtgemäß einen entsprechenden Aushangs. Da konnte jeder, der wollte, Einsicht nehmen in die "Begründung zum Bebauungsplan Nr. 40 der Stadt Barth Landkreis Vorpommern-Rügen für das Wohngebiet "Tannenheim" nördlich des Eschenweges und der Bebauung am Ginsterweg".

Dem Bebauungsplan zufolge soll nördlich des Eschenweges parallel zum Ginsterweg, gleich neben der alten Kläranlage, gebaut werden. Vorgesehen sind etwa fünfzehn Baugrundstücke, auf denen einstöckige Einzelwohnhäuser errichtet werden könnten. Sie wären also den bisherigen Flachbauten in Tannenheims angepasst, zumindest was die Geschosshöhe anbelangt. Mit einem Walmdach versehen sind sie im Erscheinungsbild Bungalows ähnlich. Baufreiheit wurde inzwischen geschaffen die Gärten sind verschwunden und der Baumbestand wurde gerodet. Die Erschließungsarbeiten könnten beginnen.

Da ich seit Längerem der Geschichte der Siedlung Barth-Tannenheim nachspüre und dort immer mal wieder mit der Kamera im Anschlag suchend gesehen werde, wollte ich mal schauen, wie weit die Bautätigkeiten gediehen sein mögen.

Da der kleine Parkplatz im Kiefernweg voll besetzt war, stellte ich das Auto auf der gegenüber liegenden Straßeseite auf der Fläche mit dem nicht offiziellen Parkplatz zwischen "Jorgos" und dem Plattenweg, der zum ehemaligen Bahnhof führt, ab. Insider wissen, hier steht der „Kobesstein“. Heute hatte ich dort ein putziges Erlebnis.

Als ich aus dem Auto steigen wollte, sah ich, wie ein etwa zehn- oder elfjähriges Mädel einen kleinen Hund auf den Stein gesetzt hatte, und mit ihrem Handy nun Fotos machte. Die Idee mit dem Hundchen auf dem Stein als Fotomotiv erschien mir gar nicht so übel zu sein. Zumal es sich um einen wirklich niedlichen Hund handelte. Das Umfeld ist allerdings als Bildhintergrund denkbar ungeeignet.

„Da stand mal ein Kaiser drauf“, gab das Mädchen ungefragt Auskunft, als ich mich diesem Fotoshooting beim Stein mit der Inschrift „Gewidmet von Wilh. Kobes 1900“ näherte. Das Mädel war mit ihrem kleinen Hund im Wald unterwegs, wohnt, wie ich sogleich erfuhr, in Tannenhein im Ginsterweg und besucht die Nobertschule in Barth.

„Was ist denn für ein süßes Kerlchen? Sieht ja allerliebst aus!"

„Ein Zwergspaniel ist das, heißt Trixie und ist mein allerbester Freund. Und ich bin die Finja.“

Finja war ganz stolz darauf, dass ihr kleiner Liebling Trixie von mir gelobt wurde. Es gibt bekanntlich Mitmenschen, die mögen absolut keine Hunde, aber so ein Zwergspaniel ist ein ganz tolles und liebenswertes Geschöpf.

Da muss ich mich der kleinen Dame aber auch vorstellen, denke ich, und sage: „Ich bin Herr Fiete Stint und wohne in Rostock.“

Das mit dem "Herr" hätte ich mir sparen können, denn ganz ungezwungen wurde ich gedutzt, wie es heutzutage häufig üblich ist. Von Finja kommt sogleich ein belustigtes Prusten: „Hast du aber einen komischen Namen. Bist du ein Stintangler?“

Na ja, meine ich im Stillen, ich heiße in Wirklichkeit ja auch gar nicht so. Aber das Finja zu erklären, wäre doch zu umständlich.

„Mein Paps macht hier auch immer Fotos mit Trixie. Mag ich absolut total.“

„Ein Kaiser, hier mitten im Wald? Woher weißt du das denn?“

„Hat Opa Krischan gesagt, und wenn Opa das sagt, ist das nicht gelogen. Opa Krischan weiß alles!“

Ja, wenn Opa Krischan das meint, muss es wohl so gewesen sein, gebe ich gedanklich nach. Obwohl ich es besser weiß.

„Und außerdem stand hier auch mal ein ganz schickes Schloss. Das erzählen die ganz alten Leute in Tannenheim.“

Sie meint wohl das Kurhaus Tannenheim, das 1897 gebaut wurde und bis zum Kriegsende hier stand. Auf die Frage, ob dieser vermeintliche Kaiser vielleicht Wilhelm geheißen haben könnte, kam von der Kleinen die prompte die Antwort: „Ja, das steht doch da drauf auf dem Stein! Der Kaiser hatte immer so eine lustige Mütze aus Blech auf dem Kopf. Auf dem Helm war dann oben drauf noch so eine coole Eisenspitze und ein Federbüschel. Habe ich schon mal im Fernsehen gesehen.“

Dunnerlittchen, das Kind weiß wirklich so einiges, denke ich, auch wenn es sich hier mit Wilhelm nicht um den alten Kaiser, sondern vielmehr um einen ganz anderen Wilhelm handelt. Nämlich den einstigen Barther Unternehmer Wilhelm Kobes. Doch das dürfte Finja einerseits kaum interessieren, und andererseits darf ich bei ihr keinen Zweifel aufkommen lassen, dass ihr Opa Krischan wirklich immer alles weiß und immer recht hat.

Finja hat jetzt aber genug von der Knipserei und auch keine Zeit mehr für den alten Fiete Stint, nimmt ihren Trixie auf den Arm und geht wieder rüber in die Siedlung. Ich habe dann das Fahrrad aus dem Auto geladen und habe meine Erkundungsfahrt rund durch Tannenheim gemacht. Denn das war ja der eigentliche Anlass, weshalb ich wieder einmal in Tannenheim unterwegs war.

Im Kiefernweg traf ich dann noch einmal auf Finja mit ihrem kleinen Spaniel. Bei ihr standen zwei Mädels und ein Junge, etwa im gleichen Alter wie Finja. Sie alle amüsierten sich über Trixie, die gerade gerade dabei war, den Kindern ein paar Kunststücke vorzuführen. Trixie konnte sich rasend schnell um sich selbst herumdrehen, als wolle sie ihren eigenen Schwanz erwischen. Und als besondere Attraktion machte Trixie einen "Handstand", indem sie sich auf ihre Vorderpfoten stellte und in dieser Haltung ein paar Schritte machte.

Vom künftigen Baufeld am nördlichen Rand der Siedlung sind die letzten Reste der Gartenlauben und Zäune abtransportiert worden, das Gelände ist eingeebnet. Leider konnte ich die Aktion, als der Luftschutzbunker bei der alten Kläranlage wenige Wochen zuvor geöffnet und abgebaut wurde, nicht in Fotos dokumentieren. Und, was mir besonders wohltuend ins Auge fiel, war, dass der viele Müll und der Schrott, der sich im Laufe der Jahre am und im Graben zur Wiese hin angesammelt hatte, verschwunden ist! Ein Effekt, der vielleicht auch die "vertriebenen" Garten- und Laubenbesitzer mit ihrer jetzigen Situation etwas versöhnlicher stimmen möge. Dem Ortsbild und der Natur steht der jetzige Zustand jedenfalls besser zu Gesicht.

 

Der "Kobesstein", der so versteckt im Wald bei Tannenheim ein unwürdiges Dasein fristet, war schon mehrmals Gegenstand meiner Betrachtungen. Auf meinen Homapages barther-kiezgeschichten sowie fiete-und-jan habe ich mehrere Beiträge dazu eingestellt. Unwürdig ist der Platz deshalb, weil nach meiner Ansicht sowohl der Stein, als auch dessen Inschrift ein Stück Barther Geschichte verkörpern. Doch vermutlich tut sich demnächst etwas in dieser Angelegenheit.

Da steht er nun also, der steinerne Sockel aus Granit, ganz am Rande eines wüsten Plätzchens. Er fällt in seiner grauen Farbe dort nicht weiter auf. Die Autofahrer, die den Platz zum Parken nutzen, sehr viele sind es ja nicht, werden ihn wohl überhaupt nicht wahrnehmen. Doch manch aufmerksamer Parker wird ihn dennoch registrieren. Er geht dann, neugierig geworden, näher ran und fragt sich verwundert: „Ja, wer hat dich denn hier so versteckt hingestellt, so abseits des Weges, mit einer Inschrift versehen, mitten im Gebüsch?“ Er liest die Inschrift, kann aber mit dem Namen Kobes wohl kaum etwas anfangen. Selbst mancher Barther würde wohl ratlos die Schultern heben, wenn er gefragt würde, „wer war dieser Mann?“

Was für ein Mensch war er, wo kam er her, was weiß man von seiner Familie? Und, was hatte dieser Wilh. Kobes mit der Stadt Barth zu tun? Gibt es einen Zusammenhang mit dem ehemaligen Kurhaus Tannenheim? Das Kurhaus, vom Kapitän Bussert errichtet und am 27. September 1896 eingeweiht, ist schon längst verschwunden. Die letzten sichtbaren Spuren waren noch bis Anfang der 1950er Jahre als Ruine vorhanden.

Was hat es dem dem Stein mit der Inschrift auf sich? Ich habe im folgenden Text versucht, die Ergebnisse meiner Recherche zu Wilhelm Kobes zu Papier zu bringen. Gleich vorweg der Hinweis: In Barth gab es einst zwei Männer mit dem Namen Wilhelm Kobes: Es waren dies Vater und Sohn. Den "Kobesstein" darf man auf den Junior zurückführen. Sollte dem Stein, wie mir zu Ohren kam, nun doch noch zu später Ehre verholfen werden? Als neuer Standort soll die Friedenseiche in den Anlagen ins Auge gefasst worden sein. Dieser Ort hätte allerdings nur einen bedingten Bezug zu dem Stein, da die Widmung auf dem Stein vom Junior-Kobes stammt und von ihm das Aufstellen in den Planitzer Tannen veranlasst worden war. Die Anlagen jedoch, an deren Eingang die Friedenseiche steht, sind das Werk des Barther Verschönerungsvereins. Dieser wiederum wurde 1871 von Wilhelm Kobes Senior gegründet.

Wilhelm Kobes Senior

Kobes Senior gründete am 30. Oktober 1871 den Barther Verschönerungsverein. Ziel und Aufgabe war, das Gelände der Alten Burg, den ältesten Teil der Stadt, in freundliche, öffentliche Parkanlagen umzugestalten. Bis dahin befand sich hier eine Kiesgrube. Die Arbeiten dafür wurden im März 1872 aufgenommen, und zwar nach den Entwürfen des Potsdamer Hof-Gartendirektors Jühlke. Jühlke war gebürtiger Barther und erhielt später die Ehrenbürgerschaft seiner Geburtsstadt verliehen.

Aus Anlass des ersten Sedanstages pflanzte der Verschönerungsverein am 2. September 1872 am Eingang zu den Anlagen eine Friedenseiche, die prächtig gediehen ist und kann auch heute noch und bewundert werden.

Beim Kessel der Burganlage ist ein Steinberg mit Wegen darum herum zu sehen, der sich bis in die heutige Zeit im nahezu ursprünglichen Zustand erhalten hat. Dort befand sich eine Grotte mit Bänken und Tischen, damit sich die Besucher der Anlagen unter Schatten spendenden Bäumen erholen konnten. Auch zwei Teiche entstanden. In ihnen schwammen zur Freude der Besucher Goldfische.

Der Kaufmann, Fabrikant und Vorsitzender des Barther Verschönerungsvereins, Wilhlm Kobes starb am 12. Januar 1885 im Alter von neunundfünfzig Jahren. Zu seinen Ehren pflanzte man im Kessel der Alten Burg eine Linde und errichtete 1896 unter dieser „Kobeslinde“ einen Gedenkstein. Beides ist nicht mehr vorhanden

(In der Dammstraße 24 lebte laut Adressbuch von 1938 eine verwitwete Frau Johanna Jühlke. Sie führte in den 1960er Jahren meines Wissens in der Kohlenhandlung von Walter Krusemark die Bürogeschäfte. War diese Frau Jühlke mit dem Hof-Gartendirektor Jühlke verwandt, oder sogar eine Nachkommin desselbigen?)

Wer war Wilhelm Kobes Senior?

Wilhelm Kobes Senior war ein erfolgreicher Geschäftsmann und eine einflussreiche Persönlichkeit, nicht nur in der Stadt Barth.

Geboren am 6. April 1826 in dem kleinen pommerschen Ort Wegezin im heutigen Amt Anklam-Land, hat er in Barth mit Elisabeth Wallis die Ehe geschlossen.

Dieser Kobes war maßgeblicher Initiator des 1871 ins Leben gerufenen Barther Verschönerungsvereins, dessen Vorsitz ihm anschließend angetragen worden war.

1871 gründete er die Maschinenfabrik Kobes in der Barther Langenstraße und bald darauf entstand 1872 an der Chausseestraße die Maschinenfabrik und Eisengießerei Kobes. Der industrielle Beginn in der kleinen Boddenstadt Barth ist somit fest mit dem Namen Wilhelm Kobes verknüpft. Und dennoch ist der Name bei Barther Einwohnern leider kaum noch bekannt.

Das Ehepaar Kobes hatte zehn Kinder (vier Töchter, sechs Söhne). Das erstgeborene Kind war ein Sohn, also ein sogenannter Stammhalter, und wurde wohl deshalb traditionsgemäß auf den gleichen Vornamen wie der Vater Wilhelm getauft.

Die Kinder der Familie Kobes

Geburt in Tod in

Wilhelm 1855, 15. Februar Barth 1922 Zingst

Maria Wilhelmine Auguste 1856, 29. Februar Barth 1856, 28. August Barth

Franz, 1857 Barth 1918, Januar Barth

Elisabeth 1859, 11. Januar 1921

Anna Julia Auguste 1860, 30. Juni Barth 1928, 6. Dezember Ulm

Karl 1861, 7. Dezember Barth 1862, 12. August Barth

Ernst 1864, 14.April Barth 1865, 18. August Barth

Hermann 1865, 20. Juli Barth 1865, 5. August Barth

Martha 1867, 18. August Barth 1870, 31. Mai Barth

Otto Ludwig Heinrich 1871, 29. März Barth 1918 Rheine/Westfalen

Nur von vier der Nachkommen des Ehepaares Kobes konnten die beruflichen Karrieren festgestellt werden. Es sind dies:

- Wilhelm Kobes, Kaufmann Getreide en gros, Langestraße 36 (1902), ab 1909 Eigentümer Langestraße 36, bis 1909 Leiter der Barther Landwirtschaftlichen Bank.

- Franz Kobes, Dr. med., praktischer Arzt, Markt 387 (1902), Sundische Straße 607b (1909), seit 1913 Sanitätsrat Dr. med.

- Elisabeth Kobes, Lehrerin, Lange Straße 36 (1909).

- Otto Ludwig Heinrich Kobes, Postdirektor in Rheine/Westfalen.

 

Wilhelm Kobes begründete mit der Maschinenfabrik den Barther Industriestandort.

Der erste Standort der Maschinenfabrik befand sich in der Langen Straße. Schon 1874 hat Kobes dann an der Chausseestraße eine neue Maschinenfabrik errichtet, zu der nun auch eine Eisengießerei hinzu kam. Am 4. Mai 1874 erfolgte hier der erste Abstich. Zur Erinnerung daran wurde eine gusseiserne Tafel angefertigt und in der Fabrik angebracht. Ob diese Tafel noch existiert? Beliefert wurden anfangs in erster Linie die Schiffswerften mit den von ihnen benötigten Eisenteilen. Die landwirtschaftliche Entwicklung in Deutschland bewirkte eine Umstellung der Produktpalette hin zu Geräten und Maschinen für die Agrarwirtschaft.

Aufgrund ungenügenden Kapitals musste Kobes 1880 seine Maschinenfabrik und Eisengießerei verkaufen. Die neuen Eigner waren Franz Schlör und Salchow. Schlör wurde später alleiniger Firmeninhaber.

Wer war Wilhelm Kobes Junior?

Wenn es um den "Kobesstein" geht, dann ist der 1855 in Barth geborene Junior-Kobes gemeint. Denn der 1826 geborene Fabrikant Wilhelm Kobes kann als Initiator der Inschrift auf dem „Kobesstein“ nicht infrage kommen, er verstarb ja bereits 1885, die Inschrift trägt dagegen die Jahreszahl „1900“. Wie bereits erwähnt, ist im Zusammenhang mit dem Stein der älteste Sohn des Fabrikanten Wilhelm Kobes gemeint. Dieser besuchte gemeinsam mit dem späteren Chirurgen, Maler, Musiker und Schriftsteller Carl Ludwig Schleich (1859-1922) das Klostergymnasium in Stralsund. Eine Anekdote aus dem Buch Besonnte Vergangenheit. Lebenserinnerungen eines Arztes“ von Ludwig Schleich, 1921 bei Rowohlt erschienen, schildert dieser einige gemeinsame Erlebnisse mit Wilhelm Kobes aus der Stralsunder Gymnasiumszeit. Obwohl Schleich den Vornamen des Kobes in seinem Buch nicht nennt, steht doch fest, dass unser Junior-Wilhelm die handelnde Person ist, da dieser Kobes auf „Barth-Zingst“ zu Hause gewesen sein soll. Wilhelm Kobes Junior ist 1922 in Zingst gestorben.

Schleich war nach dem Studium in Greifswald und Zürich ein erfolgreicher Arzt, beschäftigte sich mit dem Malen, betrieb aktiv Musik und trat auch als Dichter, Schriftsteller und Philosoph in Erscheinung. Beim Lesen seiner Lebenserinnerungen zieht man unwillkürlich einen Vergleich mit Heinz Rühmann in dessen Filmrolle in „Die Feuerzangenbowle“. Auch Kobes muss ein schlitzohriger Zeitgeist gewesen sein, so dass beide für die Lehrer am Stralsunder Klostergymnasium ein schwieriges Paar gewesen sein dürfte. Schleich beschreibt seinen Freund Kobes als einen warmherzigen Poeten.
Hier eine Szene, wie sein Freund Kobes während der Behandlung der griechischen Dramen des klassischen Altertums wieder einmal für Spaß im Unterricht sorgte, indem er den kauzigen Konrektor Freese, genannt Poseidon, anführte. Sie sollten eigene Verse mitbringen und vortragen. Als Freese fragte: „Och, Kobes, haben Sie auch Verse?“, kam die Antwort: „Jawohl, Herr Professor!“ „Och, dann geb´n Sie her!“ Kobes reichte den Zettel hinauf. Auf dem stand:

Er deckt ihn in das eine

und schnitt ihm beide Beine

ganz kurz vom Rumpfe ab!“

Freese: „Och, mein lieber Kobes! Was ist das? Was soll das sein?“ Kobes meinte, das sei „aus einem ausgelassenen Drama Heines: Prokrustes!“
Freese durchschaute es, dass die Schüler ihn hereinlegen wollten, verhielt sich großzügig und ließ ihnen den Spaß

Der Name Wilhelm Kobes ist auch auf das Engste mit dem 1897/898 erbauten und 1898 in Betrieb genommenen Kornsilo am Barther Hafen verknüpft. Der erste Geschäftsführer des Kornsilos war ein Kaufmann namens Moye. Doch als bereits zum Ende des Jahres 1898 die Auflösung der Silogenossenschaft beschlossen wurde, und das Unternehmen in Zahlungsunfähigkeit geriet, übernahm der Staat das Gebäude. Von diesem wiederum hatte es die Barther Landwirtschaftliche Bank in Pacht genommen. Sie betrieb darin neben dem Getreidegeschäft einen Handel mit künstlichem Dünger. An der Spitze dieser Bank stand jetzt bis 1909 der Kaufmann Wilhelm Kobes. Sein Vetter, der Kaufmann Franz Wallis, übernahm 1910 die Führung der Bank.

Doch auch 1917 ist die Geschäftspost der Bank noch mit "Hochachtungsvoll ergebenst Barther Landwirtschaftliche Bank vormals WILHELM KOBES Gesellschaft mit beschränkter Haftung" unterzeichnet, was wohl den Einfluss des Kaufmannes Wilhelm Kobes auf die Barther Wirtschaft belegen dürfte.

Zu dieser Zeit befand sich der Sockel, der einst dem Kandelaber auf dem Markt als Unterbau diente, mit der jetztigen Inschrift "Gew. von Wilh. Kobes 1900" bereits vor dem Kurhaus in den Planitzer Tannen.

Als in Barth die Beleuchtung modernisiert wurde und in Form von Gaslaternen Einzug hielte, ließ die Stadt im Winter des Jahres 1858 auf dem der Markt auch eine solche Lichtquelle aufstellen. Früher befand sich an gleicher Stelle eine Pumpe. Die wurde aber mit den Jahren zusehends marode und verfiel letztlich vollends. Vielleicht hatte man ihr auch nicht die nötige Aufmerksamkeit für die Wartung angedeihen lassen. Wie dem auch sei, an deren Stelle also stellte man nun einen Granitsockel hin, und montierte darauf einen zweiarmigen Kandelaber. Die gesellschaftliche Entwicklung in den deutschen Landen brachte es mit sich, dass der Kandelaber samt Granitsockel einer "höchstehrenwerten Persönlichkeit" zu weichen hatte.

Der Kandelaber wurde sicherlich schon1900 abgebaut. An dessen Stelle durften die Barther Bürger ab 1903 nun zu ihrem letzten deutschen Kaiser emporblicken, der auf einen viel imposanteren Sockel gehievt worden war und von dort seinen treuen Barther Untertanen einen mehr oder weniger milden Blick gönnte.

Unklar ist nach mir wie vor, wem die bis heute lesbare Widmung auf dem Kandelaber-Sockel zugedacht war, wann genau der Stein vor das Kurhaus Tannenheim hergebracht wurde und weshalb er ausgerechnet diesen Platz erhielt.

 

Dierk Ower

2019

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